Der 1955 in Karl-Marx-Stadt geborene Autor Rainer Klis hat unter dem Titel »Rauch-Werk« ein »Brevier zur Havanna«-Cigarre publiziert, aus dem man viel Nützliches erfährt, beispielsweise, daß 1945 »drei Kettenraucher über einen triumphierten, der zu Beginn seiner Karriere Nichtraucherabteile und Raucherinseln erfand.« Der niedergerungene Adolf Hitler, Schutzpatron aller Berufsnichtraucher bis heute, hatte zu seinen Lebzeiten auch zu Protokoll gegeben: »Der Nationalsozialismus hätte niemals in Deutschland siegen können, hätte ich das Rauchen nicht aufgegeben.«
Das ist gute Munition gegen seine Nachfolger, die mit ihrem Volksgesundsein so ausgefüllt sind, daß für Leidenschaft, Zartheit, Sinnlichkeit, Lebensfreude und Intelligenz kein Platz mehr bleibt und die ihre Miesheit und Mittelmäßigkeit zur staatlichen Chefsache erhoben sehen wollen.
Klis hält dem Nichtraucherfanatismus eine mit Klugheit, Kenntnis, Lässigkeit und Genuß gesättigte Schrift entgegen, eine Feier des einzigen Tabaks der Welt, den zu rauchen sich lohnt: des kubanischen. Besser als kubanisch rauchen geht nicht, warum sollte man noch mit etwas anderem vorliebnehmen? Der Autor ist passionierter Aficionado, kann schreiben und beschert dem Leser zwei unterhaltsame Stunden, also solche, nach denen er nicht dümmer geworden ist vom Lesen, und das läßt sich nicht über viele Bücher sagen.
Nur einmal wird Klis grobschlächtig germanisch: Er nennt einen Schweizer Kollegen »Schluchtenscheißer«. Das ist nicht nur überflüssig und ranzig, es ist auch falsch: Wenn man das Wort »Schluchtenscheißer« schon unnötigerweise verwendet, dann meint es nicht Schweizer, sondern Österreicher.
Sonst aber ist »Rauch-Werk« ein prima Büchlein, das man bei sich führen sollte, wenn man die begehbaren Humidore dieser Welt aufsucht, um sich mit den Notwehrnägeln gegen die Irrsinnigen zu versehen, mit kubanischen Cigarren.
Wiglaf Droste in Junge Welt